Stadtwerke vs. Netzwerke

Unbundling steht für die juristische Trennung von Energie-Erzeugung, Netzbetrieb und Vertrieb. Die Erklärungen, Zusammenhänge und Hintergründe sind eigentlich gar nicht so kompliziert. Eigentlich.

Ein Beispiel: Ein Kunde stellt in seinem Heizungskeller Gasgeruch fest. In der Regel wendet er sich dann an seinen Versorger, die Stadtwerke Merzig. Die sind jedoch strenggenommen gar nicht dafür zuständig, leiten aber natürlich alles Nötige in die Wege, damit dem Kunden zügig geholfen wird. Um die potenzielle Leckage abzudichten, wird die zuständige Netzwerke Merzig GmbH aktiv. Sie beauftragen die Monteure der Stadtwerke Merzig, sich um das Abdichten der Leckage zu kümmern. Denn das eigenständige Unternehmen zeichnet sich zwar im rechtlichen Sinne für solche Einsätze verantwortlich, verfügt jedoch nicht über die entsprechenden Mitarbeiter für das operative Geschäft.

Verantwortlichkeiten extrem erklärungsbedürftig

Die Unterscheidung der Verantwortlichkeiten innerhalb der Stadtwerke Merzig, die früher als ein einziges Querverbundunternehmen mit Strom, Gas und Wasser alles geregelt haben, ist erklärungsbedürftig geworden. Wer soll da noch durchblicken? Ohne Fachkenntnisse sind diese Zusammenhänge von außen nur schwer nachzuvollziehen.

Causa Abrechnung

Ein weiteres Beispiel, das leicht irritieren kann, ist die Ablesung. Hierbei gehen, getrennt nach Verantwortungsbereich, die Zählerstände für Wasser an die Stadtwerke Merzig, während die Netzwerke die Werte für Strom und Gas brauchen, denn „unbundelt“ ist gesetzlich nur der Energiebereich, nicht der Wasserbereich. Die Abrechnung für alles erhält der Kunde von den SWM. Es sei denn, er ist fremdversorgt. In solchen Fällen steht der externe Energielieferant auf der Rechnung.

Netz wird nicht wahrgenommen

Jahrzehntelang waren die Stadtwerke der einzige Ansprechpartner für alles. Strom und Gas kamen von den Stadtwerken, die Netze gehörten ihnen und jeglicher Schriftverkehr trug immer das SW-Logo. Für Kunden kommt Strom meist einfach aus der Steckdose. Das physische Netz ist für sie unsichtbar. Niemand sieht, wer es betreibt oder wie es funktioniert. Dass der Netzbetreiber heute das Strom- bzw. Gasnetz „nur“ verwaltet und verantwortet, der Energielieferant – hier die Stadtwerke Merzig – die Energie „nur“ verkauft und beide Akteure von Gesetzes wegen unabhängig voneinander operieren müssen, irritiert den Kunden. Denn diese neue Konstellation widerspricht seiner gewohnten Überzeugung, dass alles von den SWM als Versorger kommt.

Hintergrund

Diese Entwicklung geht auf die Liberalisierung der Energiemärkte zurück. Das führte zu jenem Unbundling, was so viel wie Entflechtung bedeutet. Im Zuge dessen mussten Stadtwerke 2007 von Gesetzes wegen für die Trennung der Energieerzeugung, der Netzinfrastruktur (Netzbetreiber) und Lieferung von Energie an den Endkunden (Energielieferant) sorgen.

Dies geschah aus EU-rechtlichen Wettbewerbsgründen, um Monopole abzubauen und den Markt für eine größere Anzahl von Anbietern zu öffnen. Der Gesetzgeber versprach sich davon sinkende Energiepreise und einen Innovationsschub – Vorteile die fortan vor allem Verbrauchern zugutekommen sollten. Heute kann jeder Bürger deutschlandweit seinen Energielieferanten frei wählen.