Die neue Agri-PV-Freiflächenanlage der Stadtwerke Merzig GmbH bringt aufgrund ihrer Nähe zum Windpark Merchingen II besondere Vorteile mit sich. In Teil sechs unserer Interview-Reihe erläutert Abteilungsleiter Energiedienstleistungen & Erneuerbare Energien Pascal Malburg, worin genau diese liegen. Ferner erklärt er in diesem Zusammenhang, weshalb es mit Blick auf unsere Stromrechnung neben der reinen Strommenge in Zukunft immer wichtiger werden wird, wann wir Strom verbrauchen.

Welche besondere Situation hat sich für den neuen Solarpark durch die Windkraftanlage Merchingen II in seiner direkten Nachbarschaft ergeben?

Es ist in unserem Fall so, dass direkt durch die Fläche der neuen Agri-PV-Anlage bereits ein dickes Kabel unseres bestehenden Windparks in der Nähe führt, das in Zukunft durch den Anschluss des neuen Agri-PV-Solarparks besser ausgenutzt wird. Diese Leitung muss noch nicht einmal verstärkt werden. Normalerweise müsste ich aufgrund der typischen Mittagsspitzen herkömmlicher Süd-PV-Anlagen kostenintensiv eine eigene Leitung mit einem sehr dicken Querschnitt verlegen, die dann in der Regel nur im Sommer und täglich lediglich für ein paar Stunden genutzt würde. Diese erhebliche Investition und der zusätzliche Eingriff in die Landschaft entfallen in unserem Fall. Zudem sind wir bereits im Jahr 2018 durch intensive Beobachtungen und Aufzeichnungen der jeweiligen Lastgänge verschiedener EE-Anlagen zu der Erkenntnis gelangt, dass die Erzeugungsarten von Wind- und PV-Strom insofern hervorragend zusammenpassen, als es zwischen diesen beiden eine äußerst geringe Gleichzeitigkeit gibt. Sie verhalten sich demnach auch netzdienlich. Das bedeutet, dass bei dieser Kombination kaum Netzengpässe zu befürchten sind, etwa wenn zwei Anlagen zur selben Zeit viel Strom erzeugen.

Bitte erläutern Sie den Aspekt der Netzdienlichkeit etwas näher.

Mit unserer neuen Anlage – das ist ein gigantischer Vorteil im Netz – können wir künftig mit einer etwas geringeren Leistung, die viel gleichmäßiger auftritt, zunächst einmal das Netz deutlich entlasten und liefern Strom, der ungleich viel besser an das tatsächliche Verbrauchsverhalten der Bevölkerung angepasst ist als reine Süd-PV-Anlagen. Mit anderen Worten: Durch die Hybrid-Technologie wird die Leistungsspitze gekappt und vereinheitlicht.

Wie wirkt sich eine harmonischer an das tatsächliche Verbrauchsverhalten angepasste Stromproduktion auf die Vermarktung des grünen Stroms aus?

Letzten Endes wirkt sich dieser Umstand extrem positiv auf die Vermarktung des regenerativ erzeugten Stroms aus. Denn wenn ich als Produzent in der Lage bin, den PV-Strom auch morgens und abends gleichmäßig über den Tag verteilt anzubieten, wenn er dringend benötigt wird, ist diese Strommenge am Markt natürlich gleich viel mehr wert. Um die Mittagszeit hingegen ist das Stromangebot der gängigen Süd-PV-Anlagen so groß, dass ihr erzeugter Strom – Stichwort negative Strompreise – „fast gar nichts mehr wert“ ist. Denn zur selben Zeit wird Strom gar nicht in diesem Mengen benötigt.

Lässt sich daraus ein genereller Trend ableiten, bei dem nicht mehr die verbrauchte Strommenge allein im Vordergrund steht, sondern vielmehr der Zeitpunkt des Verbrauchs entscheidet?

Eindeutig, schon seit geraumer Zeit. Früher haben wenige Großkraftwerke den Strom zu Zeiten an die Verbraucher geliefert, wenn diese ihn gebraucht haben. Und Verbraucher, sprich Privathaushalte oder Gewerbetreibende bzw. die Industrie, haben vorgegeben, wann sie den Strom brauchen. Mit dem Aufkommen des grünen Stroms hat sich das Ganze gewandelt, da die Erzeugung viel dezentraler und wetterabhängig geworden ist. Generell gilt nun, dass Strom im Idealfall lokal da verbraucht wird, wo er in der Nähe erzeugt wird, und zu einem Zeitpunkt verbraucht wird, wenn er durch regenerative Erzeugung in ausreichendem Maß zur Verfügung steht. 

Lesen Sie in Teil sieben „SWM: Solarpark Merchingen-Brotdorf“, der in den kommenden Wochen erscheint, u. a. welche Auswirkungen die Energiewende nach Überzeugung von Pascal Malburg noch auf die Entwicklung unseres Verbrauchsverhaltens haben wird und welche allein durch Bürokratie in Deutschland verursachten Hürden die Stadtwerke Merzig beim Ausbau der erneuerbaren Energien regelmäßig überwinden müssen. 

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